Derix, 
		Heinrich sen.
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		Glaskünstler und Unternehmer in Kevelaer
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		* 1869 | † 1959
		
		Die Glaswerkstätten Derix in Kevelaer genießen Weltruf. Die 
		Anfänge gehen auf Wilhelm Derix zurück, der 1866 in Goch ein Atelier ins 
		Leben gerufen hatte. Sein Sohn Heinrich hatte gemeinsam mit seinem Vater 
		den Grundstein für die Erfolgsgeschichte der Unternehmung gelegt. 
		
		In einer Jubiläumsschrift sind Erinnerungen von Heinrich Derix 
		festgehalten, die er als 76-Jähriger in den letzten Kriegstagen während 
		seiner Evakuierung in Marienthal niedergeschrieben hat:
		
		"Die ersten Bildfenster der Glasmalerwerkstätten Derix waren für Kirchen 
		in Holland bestimmt. Später gab es Aufträge für die Kirche des 
		Missionshauses in Steyl." Heinrich Derix erinnerte sich: „Dessen 
		Gründer, Superior A. Janssen aus Goch, war ein Schulkamerad meines 
		Vaters, der ihm zeitlebens die Treue gehalten und viele Aufträge für die 
		überseeischen Steyler Missionen vermittelt hat.“
		
		Dass Wilhelm Derix in
		
		Arnold Janssen einen sehr besonderen Fürsprecher hatte, erfuhr er 
		nicht mehr. Die Seligsprechung des Steylers am 19. Oktober 1975 und erst 
		recht seine Heiligsprechung am 5. Oktober 2003 erlebten Vater Wilhelm 
		und Sohn Heinrich nicht.
		
		Heinrich hatte mit zwölf Jahren die Volksschule absolviert und ging auf 
		die Rektoratsschule. Deren Leiter starb 1884, woraufhin die Schule 
		„einging“. Er wechselte zur
		
		Gaesdonck, die wegen des Kulturkampfs geschlossen wurde. Deshalb 
		arbeitete der junge Mann zunächst zu Hause mit. 
		
		Inzwischen hatte Kirchenmaler
		
		Friedrich Stummel seine Arbeit in Kevelaer aufgenommen. Bildhauer 
		Ferdinand Langenberg aus Goch riet Wilhelm Derix, seinen Sohn Heinrich 
		zu Stummel in die Ausbildung zu schicken. Stummel begutachtete die 
		Zeichnungen von Derix, hielt ihn für talentiert und erklärte sich 
		bereit, ihn künstlerisch auszubilden. 
		
		Diese Studienzeit dauerte mit Unterbrechungen von 1884 bis 1896. Das 
		war, so Heinrich Derix, „eine herrliche Zeit“. „Stummel“, so schrieb 
		Derix, „gab sich die größte Mühe, seine Schüler zu tüchtigen Künstlern 
		heranzubilden und zu braven Menschen zu erziehen. Die Tagesarbeit aber 
		war sehr lang und fiel mir anfangs recht schwer.“ Auch Heinrichs Bruder 
		Willi Derix kam als Schüler zu Stummel.
		
		„Wir haben beide in den langen Jahren dieser Studienzeit nichts 
		verdient, meine Eltern bezahlten auch die Kost für uns, und selbst die 
		Arbeiten, die wir machten – Fensterskizzen und Cartons – bekam Herr 
		Stummel gut von uns bezahlt. Aber wir hatten ihm auch viel zu verdanken; 
		denn durch den Einfluss dieses Altmeisters der christlichen Kunst nahm 
		die Werkstatt einen großen Aufschwung und erhielt zahlreiche Aufträge 
		für Bildfenster."
		
		Im Lauf seiner Ausbildung unternahm Heinrich Derix eine Reihe von Reisen 
		u. a. nach Erfurt, Straßburg und Regensburg. Mehrere Monate verbrachte 
		er zu Studienzwecken in England. Schon zu dieser Zeit verschlechterte 
		sich sein Gehör (das er im Alter von etwa 60 Jahren schließlich ganz 
		verlor. Seine Schwerhörigkeit und anschließende Gehörlosigkeit 
		beeinträchtigten seine Arbeit nicht. Auf Fahrten wurde er begleitet, 
		später reiste sein Bruder Willi mit, der es kaum eine Woche zu Hause 
		aushielt, und, so Heinrich Derix, ein großes Geschick im Umgang mit 
		Auftraggebern hatte).
		
		Als die Gocher Räumlichkeiten nicht mehr ausreichten, errichtete Wilhelm 
		Derix in Kevelaer im Anschluss an die neu erbauten Räume des Ateliers 
		Stummel eine Filiale und übertrug Heinrich die Leitung. Später kam ein 
		Wohnhaus hinzu, das Heinrich nach seiner Hochzeit mit Magdalene Bercker 
		bezog. Auch in dieser Filiale liefen die Geschäfte so gut, dass das 
		Gebäude durch Aufstockung vergrößert werden musste. Beide Ateliers 
		zusammen beschäftigten rund 50 Mitarbeiter. 
		
		Nach der Einrichtung der eigenen Filiale in Kevelaer lockerte sich die 
		Bindung zu Stummel immer mehr. Auch zeichneten nicht mehr dessen Schüler 
		die Cartons, sondern Derix beschäftigte eigene Maler. 
		
		Als 1906 im Vatikan ein Fenster bildlich geschmückt werden sollte, 
		schlug der Weezer Kaplan van Gulik, der gerade am
		
		Campo Santo in Rom weilte, die Werkstatt Derix für die Ausführung 
		vor. So kam es zu dem ersten Auftrag in Rom. Der Papst war zufrieden und 
		nannte es in einer Privataudienz „magnifico“. Durch diese Arbeit war der 
		Kontakt geknüpft, durch den es später zur Aufforderung kam, Fenster für 
		die Sixtinische Kapelle zu entwerfen. Die Probefenster gefielen dem 
		Heiligen Stuhl, aber mittlerweile hatte sich Prinzregent Luitpold von 
		Bayern entschlossen, die Fenster zu stiften, wollte aber, dass sie in 
		der Bayrischen Hofglasmalerei Zettler gefertigt würden. 
		
		Derix erklärte sich zum Verzicht bereit, wenn er wenigstens vier der 
		Fenster liefern dürfe. So kam es. Da Zettler die Fenster nicht selbst 
		montieren wollte, übernahm 1910 Derix diese Aufgabe in Rom: „… und habe 
		dort eine schöne Zeit mit vielen Ehrungen erlebt. Meine Frau, Msgr. 
		Würth und ich hatten eine Privataudienz beim Hl. Vater. Ich war eine 
		Hauptperson, als die Fenster in der Sixtina … feierlich übergeben 
		wurden. Der Papst hatte ausdrücklich gewünscht, dass ich so lange in Rom 
		bliebe, bis die feierliche Übergabe stattfand… Der Hl. Vater ernannte 
		meinen Vater, meinen Bruder und mich zu päpstlichen Hofglasmalern.“
		
		
		Vater Wilhelm, der zuvor bereits den Silvesterorden erhalten hatte, 
		bekam den Orden „pro ecclesiae et pontifici“ in Gold, sein Sohn Heinrich 
		erhielt den Silvesterorden, Bruder Willi den bayrischen St. 
		Michaelsorden. 
		
		Bereits 1908 hatte Heinrich Derix ein Kunstobjekt fertiggestellt, das 
		die Fachwelt ebenfalls begeisterte. Er hatte zum Goldenen 
		Priesterjubiläum von Papst Pius X. ein Geschenk für den Pontifex 
		angefertigt. Es ist ein herrliches Fenster, das im Treppenhaus des 
		Vatikans installiert wurde; es stellt die Übertragung der 
		Schlüsselgewalt auf den Heiligen Petrus dar und ist, wie das KB damals 
		schwärmte, "von solcher Innigkeit und Farbenpracht, von solch 
		überwältigender Wirkung, daß nicht genug Worte des Lobes und der 
		Anerkennung gezollt werden können… Das Fenster muß als ein wirkliches 
		Kunstwerk bezeichnet werden und dürfte den Weltruf der Firma noch um ein 
		bedeutendes vermehren."
		
		1919 starb Seniorchef und Vater Wilhelm Derix. Drei Jahre später verlor 
		Heinrich Derix seinen Bruder Willi. Nach dessen Tod wurde die Gocher 
		Werkstatt im September 1922 in die Kevelaerer integriert. Das gesamte 
		Personal arbeitete nun in der Marienstadt. 
		
		Als Heinrich und Magdalene Derix im Mai 1926 Silberhochzeit feierten, 
		ließ der Papst den Eheleuten den Päpstlichen Segen übermitteln.
		
		1941 übergab Heinrich Derix den Betrieb an seinen Sohn Hein.
		
		Am 5. Februar 1945 musste der Betrieb wegen der Zwangsevakuierung 
		dichtmachen. Heinrich Derix und seine Frau kehrten im Juni 1945 zurück. 
		Sie fanden Haus und Werkstätten stark zertrümmert vor. Derix schrieb: 
		"Ganz Kevelaer hat sehr gelitten, doch blieb die Gnadenkapelle glücklich 
		erhalten."
		
		Magdalene Derix starb am 15. November 1950 im Alter von 72 Jahren. Sie 
		hinterließ ihren Mann Heinrich sowie die Kinder und Schwiegerkinder 
		Willi Derix und Frau Franziska geb. Vorfeld, Hein Derix und Frau Töne 
		geb. Hammans, Dr. med. Franz Derix und Frau Dr. med. Trude, geb. Miesen, 
		sowie die Kindeskinder Peter und Magdalene. 
		
		Noch 1954 stand Heinrich - neben seinem Sohn Hein - im Atelier. Das KB 
		notierte damals: Glasmaler Heinrich Derix sei auch an seinem 85. 
		Geburtstag am 18. November 1954 noch eifrig tätig gewesen: "Derzeit 
		entstehen in der Werkstatt die Fenster für die Friedenskathedrale in 
		Hiroshima."
		
		1959 starb der Senior im Alter von 90 Jahren.