Driesen, Helly
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		Textkünstlerin 
		aus Kevelaer |  1910 |
		† 2006
		
		
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		Sie sich einen wunderbar gepflegten Park vor. Große Bäume, alte Riesen, 
		dazwischen ein Ginkgo, der mit urzeitlich gefiederten Blättern bis in 
		den Himmel reicht, ein See und in dieser Natur schöne Kultur: als 
		Attraktion ein Schloss, in dem Fürsten wohnen. Hier im Hause Dyck von 
		Salm Reifferscheidt ist Helly Driesen 1910 als Tochter des 
		Haushofmeisters der adeligen Familie geboren und aufgewachsen und hat im 
		Turm der Vorburg mit Erlaubnis von Fürst Franz Josef ihr Atelier für 
		Textilkunst geführt - von 1934 bis 1987, ehe sie nach Kevelaer zog, um 
		hier ihren Lebensabend zu verbringen.
		
		Aus der Zeit im Schloss blieb ihr der Hang zu großen Gehölzen, „weil ich 
		immer unter ihnen gelebt habe. In Kevelaer muss ich lange laufen, bis 
		ich solche Bäume finde“, sagte sie einmal in einem KB-Gespräch. Sie 
		erinnerte sich stets gern an ihre Zeit auf Schloss Dyck und an den Park, 
		der ein Teil von ihr geworden war. Von Kindesbeinen an war es besonders 
		der Ginkgo-Baum, der sie angezogen hat. Sein Blatt wurde ihr Leitmotiv. 
		Sie hat es in ungezählten Variationen verarbeitet.
		
		Von Kevelaer war sie begeistert. „Hier ist es wundervoll. Die vielen 
		Kontakte und Anregungen sind mir ein Geschenk. Ich bin überraschend 
		schnell heimisch geworden. Es ist alles wie eine Fügung.“
		
		Sie hat die Basilika der Marienstadt mit wertvollen Wandbehängen 
		bereichert, hat für ungezählte Gotteshäuser in der ganzen Welt 
		Gleichnisse in Stoff gewebt, mit ihren feinen, langen Fingern genäht und 
		gestickt. Vor rund 60 Jahren freute sich der Verein vom Heiligen Land 
		für die weltberühmte Dormitio in Jerusalem über einen roten 
		Pontifikalornat mit elf Gewändern.
		
		

Beim Erzählen stiegen ihr alte Bilder in den Kopf: Sie und ihre 
		Schwester laufen mit Schlittschuhen auf dem zugefrorenen See, die 
		Altgräfinnen der fürstlichen Familie öffnen ein Fenster, stellen ein 
		Grammophon hinein, beschallen den Park und schauen zu, wie die Mädchen 
		auf dem Eis tanzen. 
		
		Aus diesen unbeschwerten Tagen rührte Helly Driesens Heiterkeit. 
		
		Die junge Helly Driesen besuchte zunächst die staatliche Handels- und 
		Gewerbeschule Rheydt. 
		
		Von 1927 bis 1929 gehörte sie zur Fachklasse 
		Kunsthandarbeit und kunstgewerbliches Zeichnen, lernte von 1929 bis 1933 
		bei Ella Broesch in den Lehrwerkstätten und in der Fachschule für 
		kirchliche Textilkunst in Bonn bei Kunstmaler Ludwig Ronig und Professor 
		Bucher, absolvierte die Höhere Handelsschule für Textilindustrie in 
		Krefeld bei Professor Kadow und Maler Ludwig Becker und legte 
		schließlich die Meisterprüfung in
		
Paramentik 
		ab.
		
		Ab 1934 war sie freischaffend. Sie erhielt auch Aufträge vom Kevelaerer 
		Atelier „Künstlerische Paramentik, Kirchliche Geräte“, das Hein Bercker 
		an der Gelderner Straße 29 betrieb. Bercker hat sich vor allem um die 
		jungen Künstlerinnen Lotte Bach, Trude Benning, Helly Driesen und Mia 
		Wirges gekümmert, indem er ihnen Arbeit gab.
		
		Helly Driesen nahm später Privatunterricht bei Kunstmaler Scheiwe in 
		Düsseldorf und übte von 1956 bis 1961 eine Lehrtätigkeit am Gymnasium in 
		Erkelenz aus. Die hiesige Öffentlichkeit wurde im Dezember 1996 auf 
		Helly Driesen aufmerksam, als das Kevelaerer Blatt über ihre Ausstellung 
		im Schlösschen Borghees bei Emmerich berichtete. 
		
		Helly Driesen hatte mehrfach im rheinischen Raum ihre Werke gezeigt; 
		viel beachtet wurde beispielsweise ihre Ausstellung im Kempener 
		Kramermuseum. „Vielleicht lässt sich ja auch in Kevelaer eine 
		Veranstaltung arrangieren“, schrieb das KB - eine Hoffnung, die sich 
		bald erfüllte: Im Museum wurden zu ihrem 90. Geburtstag Werke 
		vorgestellt. 
		
		

Ende 
		2001 erfuhr die Textilkünstlerin eine besondere Auszeichnung. Ihre 
		Heimatgemeinde Jüchen ehrte sie mit einem Buch über ihr umfangreiches 
		Werk. Und sie richtete mit dem Driesen-Nachlass eine Dauerausstellung im 
		Nikolaus-Kloster ein - nahe von Schloss Dyck, wo die Künstlerin 
		aufgewachsen war.
		
		Bei der Vorstellung des Buchs in Kevelaer sagte Stadtkonservator Dr. 
		Ralf Beines (Jüchen), wie hoch er das Werk von Helly Driesen 
		künstlerisch einschätzte. 
		
		Er ordnete ihr Lebenswerk in 
		einen großen kulturhistorischen Rahmen ein. Sie habe sich den 
		herrschenden Strömungen nicht anpassen wollen, sondern ihre eigene 
		Kunst gepflegt.
		
		Helly Driesen hat Kevelaer geliebt und viel geschenkt. Sie starb im Jahr 
		2006.