![]()  | 
			
			
			![]()  | 
			
			
			![]()  | 
			
			
			![]() ![]()  | 
		

	
 
  | 
		
Kevelaer und das päpstliche Rundschreiben von 1937
		![]()
		
Wer 
		das Weltrundschreiben des Papstes druckte, kam ins KZ, seine Druckerei 
		wurde geschlossen. Wer es verteilte, ging ein nicht minder hohes 
		Risiko ein. Die Nazis waren in heller Aufregung über die Enzyklika „Mit 
		brennender Sorge“, mit der Pius XI. im März 1937 darauf reagierte, dass 
		die Reichsregierung ihre Zusagen im Konkordat von 1933 nicht eingehalten 
		hatte. Die Kirche war belogen und betrogen geworden. 
		Auch in Kevelaer unterliefen verschwiegene Helfer das 
		Verbreitungsverbot der Enzyklika und stellten den Pfarrhäusern heimlich 
		Abschriften zu. Einer davon war Theo Derstappen aus Winnekendonk. Der 
		Schüler hatte keine Ahnung, was er da transportierte. 
In Kevelaer war der Geistliche und Leiter der
		>
		Rektoratsschule 
		Johannes Goldschmidt einer der wenigen, die eingeweiht waren. Er rief 
		kurz vor Palmsonntag den Quartaner Theo Derstappen zu sich und gab ihm 
		drei dicke Briefe. „Den ersten sollte ich bei Pastor Reiners in 
		Winnekendonk, die beiden anderen sollte ich im Pfarrhaus in Kapellen 
		abgeben“, erinnerte sich der später in Kempen lebende Priester. „Auf 
		meinen Einwand, ich wäre im Leben noch nicht in Kapellen gewesen und 
		wüsste nicht, wo das Pfarrhaus läge, sagte er mir: ‚Ungefähr gegenüber 
		dem Kirchturm. Notfalls kannst du ja fragen. Du sagst niemand etwas von 
		den Briefen. Und du zeigst sie auch niemand. Mutter kannst du es sagen, 
		wenn sie fragt, was du in Kapellen sollst.‘“
Der Junge durfte eine Stunde vor Schulschluss 
		gehen. Er fuhr mit dem Rad nach Winnekendonk und gab einen Umschlag bei 
		Pastor Joseph Reiners ab. „Dann ging es zum Essen nach Hause und von 
		dort aus nach Kapellen. Das Pfarrhaus fand ich problemlos.“
Als die Tür geöffnet wurde, richtete Theo 
		Derstappen die aufgetragenen Grüße von Rektor Goldschmidt aus und wollte 
		die beiden Briefe abgeben. „Die Frau, die da öffnete, machte einen 
		ziemlich mürrischen Eindruck. Ich gab ihr die Briefe und wollte gehen, 
		worauf sie sagte, ich solle einen Augenblick warten, was ich in der 
		Hoffnung auf einen Botenlohn auch tat.“
Nach einer Weile kam die Frau wieder und gab ihm 
		den zweiten, für das Pfarrhaus in Hamb bestimmten Brief zurück. Er solle 
		den Brief selbst dort abgeben. – „Von Botenlohn keine Spur“, ärgerte 
		sich der Gymnasiast und radelte los. Im Rektorat Hamb gab er den dritten 
		Brief ab. „Aber auch dort kein Dankeschön und keine Spur von Botenlohn. 
		Einigermaßen enttäuscht fuhr ich dann nach Hause.“
		
Der 
		Junge wusste nicht, was er transportiert hatte. Erst als am Palmsonntag 
		„Mit brennender Sorge“ verlesen wurde, begann sich das Geheimnis zu 
		lüften. „Rektor Goldschmidt hat mich im Nachhinein nie gefragt, wie die 
		Fahrt von statten gegangen war“. 
Der Enzyklika, in deutscher Sprache verfasst, waren 
		zahlreiche Beschwerdeschreiben deutscher Bischöfe an die Reichsregierung 
		vorangegangen. Hitlers Zusicherungen hatten sich als leere 
		Versprechungen herausgestellt.  Katholische 
		Geistliche mussten zum Beispiel für den Erhalt der Konfessionsschulen, 
		die die Nazis konkordatswidrig abschaffen wollten, kämpfen. 
Einer von ihnen war Kervenheims Pastor Theodor 
		Klucken. Er lud für den 14. Februar 1937 über eine Anzeige in der 
		Kirchenzeitung in die Pfarrkirche St. Antonius ein. Nazi-Spitzel 
		meldeten wenig später, zu dieser „als religiöse Abendveranstaltung 
		getarnten politischen Versammlung für Männer und Jünglinge“ sei der 
		Pfarrer in Zivil erschienen und habe den Nationalsozialismus 
		angegriffen. Noch zwei Jahre danach befassten sich Behörden mit diesem 
		Vorgang. Klucken wurde die Befugnis zum Erteilen des 
		Religionsunterrichts in der Schule entzogen.
Zwei Wochen nach Verlesung der Enzyklika trafen 
		sich die westdeutschen Bischöfe unter Führung von Clemens August Graf 
		von Galen zum Konveniat im
		>
		Priesterhaus zu Kevelaer. Sie 
		berieten hinter verschlossenen Türen über „Die kirchenpolitische Lage 
		nach der Enzyklika“.
„Mit brennender Sorge und steigendem Befremden 
		beobachten Wir seit geraumer Zeit den Leidensweg der Kirche, die 
		wachsende Bedrängnis der ihr in Gesinnung und Tat treubleibenden 
		Bekenner und Bekennerinnen inmitten des Landes und des Volkes, dem St. 
		Bonifatius einst die Licht- und Frohbotschaft von Christus und dem 
		Reiche Gottes gebracht hat“ – so hatte das Weltrundschreiben des Papstes 
		begonnen.
Das war im Frühjahr 1937. Da hatte der Leidensweg der Menschen gerade erst begonnen.
		![]()