Haas, Rainer
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		31 Jahre Geschäftsführer im Marienhospital Kevelaer
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		* 1951
		
		
Ende 
		März 2015 verabschiedete die katholische Karl-Leisner-Trägergesellschaft 
		mbH den langjährigen Verwaltungsdirektor des Marienhospitals und 
		Geschäftsführer des Standortes Kevelaer Rainer Haas in den Ruhestand.
		
		Vom Naturell her ist der gelernte Bankkaufmann eine ebenso ausgewogene 
		wie Debattenstoff bergende Mischung aus frei denkendem Unternehmer, 
		preußischem Beamten, technikbegeistertem Tüftler und katholischem 
		Christ. 
		
		Während bundesweit in den vergangenen Jahrzehnten kleinere Krankenhäuser 
		bankrottgehen oder von größeren Häusern geschluckt werden, navigiert der 
		begeisterte Piper-Pilot Rainer Haas das Marienhospital so gewissenhaft 
		durch die Zeit, als gehörte es ihm. Er geht die Dinge bevorzugt aus der 
		Vogelperspektive an und arbeitet mit vollem Einsatz, Visionen, 
		Überzeugungskraft und Führungsstärke, die den Angestellten und Arbeitern 
		Freude an Bestleistungen vermittelt.
		
		Er verdrängt nie, dass das Tun des Hauses am Ende nur einen Sinn hat: 
		Menschen zu helfen, die sich dem Marienhospital anvertraut haben. Die 
		Gesundheit ist im Haus das höchste Gut. 
		
		Haas gönnt sich einen Optimismus, der selbst schwierigen Situationen 
		einen Vorteil abgewinnt. Gegenargumente klopft er unbefangen auf 
		Informationen ab. Mitunter registriert er vergnügt, wie Gesprächspartner 
		ihn unterschätzen, weil er andere nicht niederbügelt. Er nimmt Ideen, 
		die mit Sachverstand unterfüttert sind, als Herausforderung an. Das 
		stellt seine Entscheidungen auf ein breites Fundament. 
		
		Dieses Selbstverständnis hilft ihm gegen Anfeindungen, die mit 
		verlässlicher Hartnäckigkeit mindestens einmal jährlich das nun aber 
		ganz sicher bevorstehende Ende des Marienhospitals prophezeien. Der 
		ebenso verlässliche Gegenbeweis von Rainer Haas ist die einzig wirkliche 
		Enttäuschung, die er den Unkenrufern zufügen muss.
		
		Nach 31 Jahren mit Rainer Haas an der Verwaltungsspitze steht das 
		Marienhospital so kraftvoll da, wie noch nie in seiner Geschichte. Es 
		ist wirtschaftlich, technisch, räumlich und personell erstklassig 
		aufgestellt und in seinem Bestand sicher. 
		
		Wie in Kevelaer, so arbeitet Rainer Haas, seit 2003 einer der 
		Geschäftsführer des Karl-Leisner-Klinikums, im Krankenhausverbund. 
		
		

Rainer Haas kommt 1951 in Kalkar auf die Welt. Früh packt ihn eine 
		Leidenschaft, die ihn bis heute nicht losgelassen hat. Mutter Margarethe 
		wird später glaubhaft versichern, das erste Wort des Kleinkinds sei 
		nicht „Mama“ gewesen; es habe vernehmlich „Auto“ gesagt. 
		
		
Rainer Haas auf einem Foto von Journalist und Onkel Gerhard Köpping: 
		"Onkel, der hat kein Benzin!"
		
		Margarethe und 
		Erich Haas, ein Polizeibeamter, nehmen die sprachliche Entwicklung des 
		Sprösslings mit Humor. Sie können den Jungen, der ein Einzelkind bleibt, 
		mit einer Kiste voller Modellwägelchen in eine Ecke setzen und haben die 
		Garantie auf stundenlange Ruhe.
		
		Sein 
		Glück ist zudem die enge Bindung an die Familie von Tante Elisabeth und 
		Onkel Wilhelm Haas, die mit neun Kindern aufwarten und Rainer wie ein 
		zehntes mitlaufen lassen. Das Leben ist christlich geprägt. Tante 
		Elisabeth ist eine geborene Leisner, die jüngste Schwester von Karl 
		Leisner. 
		
		Rainer Haas hat die Örtlichkeit im Haus genau vor Augen: „In ihrem 
		Arbeitszimmer hing rechts an der Wand ein Kreuz. Es war aus Stacheldraht 
		gemacht und stammte aus Dachau.“ Im KZ Dachau war Karl Leisner 
		interniert gewesen.
		
		Onkel Wilhelm ist Schulrektor und Buchautor. Er erzählt in „Christus 
		meine Leidenschaft“ das Leben von Karl Leisner in Bildern und Dokumenten 
		und bringt maßgeblich den Seligsprechungsprozess für seinen kurz nach 
		der Befreiung gestorbenen Schwager voran. 
		
		Die besonderen Lebenszusammenhänge prägen Rainer Haas. Er ist 15 Jahre 
		alt, als die Gebeine von Karl Leisner in Kleve exhumiert werden. Am 3. 
		September 1966 begleiten der Jugendliche und seine Vettern den Sarg mit 
		den sterblichen Überresten in den Xantener Dom. 
		
		Ansonsten lernt er in der Kinderschar Sozialverhalten, trägt für kleines 
		Geld Kontoauszüge aus und lernt, dass er sich selbst anstrengen muss, 
		wenn er Wünsche erfüllt haben möchte. 
		
		Er kommt zum Bund und absolviert seine Zeit u.a. in der 
		Von-Seydlitz-Kaserne in Kalkar auf dem Beginenberg bei der III. 
		Luftwaffendivision. Hier ist das Hauptquartier des Zentrums 
		Luftoperationen der Luftwaffe untergebracht. Rainer Haas ist fasziniert 
		von der Ordnung, den straffen Strukturen und der Technik. 
		
		Er hinterlässt bei seinen Vorgesetzten einen vielversprechenden 
		Eindruck. Unmittelbar vor einem Urlaub fragt ihn ein hoher Offizier, ob 
		der junge Mann ihn auf einem Flug begleiten möchte: eine Ehre. Rainer 
		Haas ist unerfahren, erzählt von seinem Urlaub und lässt die Chance 
		verstreichen. Wäre er mitgeflogen, hätte sein Lebensweg wohl eine andere 
		Richtung genommen. Manchmal ficht ihn das heute noch an. Fliegen ist für 
		ihn Hobby und Traum geblieben.
		
		Nach Wehrdienst und Studium mit dem Abschluss Diplom-Betriebswirt hat 
		der gelernte Bankkaufmann bereits mit 29 Jahren eine verantwortliche 
		Position in einem Geldinstitut in Kerken inne. Immer wieder ist er mit 
		den Schwerpunkten Organisation und Dienstleistung befasst. Steuerung, 
		Sicherung und Optimierung von Arbeitsabläufen, Informations- und 
		Geldströmen – das sind Anforderungen, die ihm liegen. 
		
		Da sucht das Kuratorium des Marienhospitals in Kevelaer einen 
		Personalchef. Mit dem Vorgänger liegt das Haus wegen undurchsichtiger 
		Finanzabwicklungen im Clinch. Das Klima unter den Beschäftigten ist 
		katastrophal, einige Krankenzimmer gleichen Schlafsälen in 
		Jugendherbergen, durch die Fenster pfeift der Wind, aus den Dächern 
		rieselt Regen in die Zimmer, und die sanitären Einrichtungen sind unter 
		der Würde der Menschen, die sie benutzen müssen.
		
		Von dieser Dramatik weiß Rainer Haas nichts, und vom Krankenhauswesen 
		hat er keine Ahnung. Aber er merkt schon in den ersten Gesprächen, dass 
		das Kuratorium ihm vertraut. Seine Fürsprecher sind Peter Roosen, Dr. 
		Edmund Bercker und vor allem Pastor Richard Schulte Staade. 
		
		Rainer Haas sagt zu. Zwar hat er in der Bank mit einem hohen Gut zu tun 
		gehabt, mit Geld; aber das hohe Gut im Krankenhaus, die Gesundheit von 
		Menschen, reizt ihn stärker. Am 1. Juni 1984 beginnt er seinen Dienst, 
		ist direkt dem Kuratorium unterstellt und bekommt freie Hand. Seine 
		erste Aufgabe sieht Haas darin, die Mitarbeiterschaft zu befrieden. Er 
		will sie für sein Projekt gewinnen, das Marienhospital aus der 
		Schlechtwetterfront zu steuern und auf Kurs zu bringen.
		
		Er legt den Grundstein für den vielleicht nachhaltigsten Erfolg: Nur 
		gemeinsam können die Menschen, die das Haus über ihre Arbeit mittragen, 
		alle weiteren Aufgaben lösen. 
		
		In den folgenden 31 Jahren wird Rainer Haas - ab 1987 als 
		Verwaltungsdirektor und ab 2003 als Geschäftsführer im Verbund - für den 
		größten Kevelaerer Arbeitgeber Berg- und Talfahrten der Politik mit 
		immer neuen Konzepten für Krankenhäuser durchstehen.
		
		Er erkennt früh, dass das hergebrachte Angebot einer kleinen 
		Gemischtwaren-Anstalt zwar die Herzen der Kevelaerer besitzt, den Sprung 
		in die Zukunft aber nicht schaffen kann. Über die Jahre entwickelt er 
		für das altbackene Haus ein ebenso eigenständiges wie hochwertiges 
		Profil mit einer guten Allgemeinversorgung und mit erstklassigem Ärzte- 
		und Pflegepersonal in landesweit angesehenen Spezialabteilungen. Ihr 
		Ertrag kommt einer finanziell notwendigen Dauerinfusion gleich. 
		
		Haas hat Mut und ein dickes Fell; er arbeitet mit einem langfristig 
		vorfühlenden Konzept. Es kostet Kevelaer gegen verständlichen 
		öffentlichen Widerstand, aber forciert von der überörtlichen Politik, 
		1987 die Kinderstation, 1997 die eigene Küche und 2004 die Station für 
		Frauenheilkunde mit der geburtshilflichen Abteilung. 
		
		Der Verzicht auf die Pädiatrie soll einen neuen Weg bahnen. Haas sucht 
		mit Richard Schulte Staade und Edmund Bercker Kontakt zu 
		Gesundheitsminister Hermann Heinemann in Düsseldorf. Als 
		„Zwischenhändler“ leistet der Vorsitzende des Haushaltsausschusses des 
		Deutschen Bundestags, der Kevelaerer SPD-Politiker Helmut Esters, ganze 
		Arbeit. Am Ende steht ein Deal: Die Pädiatrie wird geschlossen; dafür 
		erhält Kevelaer die Anerkennung der Gefäßchirurgie als 
		Hauptfachabteilung mit Dr. Franz-Josef Peveling-Oberhag an der Spitze.
		
		Düsseldorf honoriert Ärger und Anstrengung mit Finanzspritzen. Schnell 
		kommt der Bewilligungsbescheid über neun Millionen Mark für einen neuen 
		OP-Trakt mit vier klimatisierten Sälen, dazu eine moderne Physikalische 
		Therapie mit Schwimmbad und ein Materiallager. Im Frühjahr 1990 kommt 
		Minister Hermann Heinemann persönlich und leistet den ersten 
		Spatenstich. 
		
		
		Richard Schulte Staade bittet um den Segen Gottes für die Arbeit, 
		rechts Minister Heinemann, links "Ministrant" Rainer Haas. 
		
		1996 beginnt der Kampf um die geburtshilfliche Abteilung. Rainer Haas 
		will sie unbedingt erhalten. Er fliegt mit seiner Piper ins 
		ostfriesische Niebüll. Hier lebt und arbeitet Gynäkologie Dr. 
		Jens-Reiner Brinke, der ehedem in Kevelaer tätig war. Haas will ihn 
		zurück. Brinke stellt seine Bedingungen. Als Haas auf dem Heimflug ist - 
		ein Freund steuert jetzt die Maschine – leitet er bereits die 
		wesentlichen Schritte ein. Nicht nur der Wind kommt günstig von Nordost 
		und trägt die Maschine in anderthalb Stunden nach Hause, auch die 
		Abteilung nimmt mit Brinke noch einmal einen Aufschwung.
		
		
		Mit der Piper in Niebüll.
		
		Es ist das Jahr, in dem das Marienhospital als erstklassiger 
		Dienstleister den Marketingpreis erhält. Die Auszeichnung bedeutet dem 
		Verwaltungschef viel. 
		
		Die Entwicklung mit den harten und zugleich existenzbehütenden 
		Einschnitten und Erweiterungen ist eine rasante Berg- und Talfahrt, die 
		Außenstehende kaum überblicken. So arbeitet Pilot Haas auf einer Art 
		Schleudersitz zwischen öffentlicher und ortspolitischer Kritik, 
		Unverständnis der Bürger, Betroffenheit der eigenen Belegschaft und dem 
		Spardruck des Landes mit erzwungenem Bettenabbau und Budgetkürzungen. Es 
		zeichnet ihn aus, dass er über diesen Druck nie ein Wort verloren hat.
		
		
		Haas hält ihn aus - mit Haltung. „Ich orientiere mich daran, was am Ende 
		wichtig ist.“ Wichtig ist der Erhalt des Hauses. Headhunter, die dem 
		Mann in seinen „40ern“ einträglichere Positionen andernorts antragen, 
		lässt er ziehen und arbeitet weiter.
		
		Im Haus krempelt er mit seinem Technikteam, jahrelang angeführt von 
		Heinz „Fliege“ Sieben, das Unterste nach oben. Er renoviert, 
		modernisiert und optimiert Organisationsabläufe. 
		
		Neue Aufzüge gleiten durch das Haus. Nach und nach werden alle Zimmer 
		saniert und mit Nasszellen ausgestattet. Fenster und Heizungsanlage 
		kommen neu. Die Außenfassade des denkmalgeschützten Altbaus wird 
		saniert. Bei den Arbeiten auf den alten Fluren schält sich unter den 
		kühlen Baumaterialien vergangener Jahrzehnte ehrwürdige Schönheit 
		heraus. Rainer Haas lässt sie in Szene setzen, darunter Eichentüren mit 
		geschnitzten Elementen, Bleiverglasungen und kostbare Fußböden. Das Haus 
		verströmt eine Atmosphäre, die ihres gleichen sucht.
		
		Die neue Parkanlage am Altbau wertet die Rheinstraße auf. Das hässliche 
		Wohnheim fällt. Der Garten hinterm Haus bekommt ein neues Gesicht.
		
		Haas entwickelt mit den angestammten Ärzten und dem Kuratorium eine Nase 
		für den „Neuerwerb“ medizinischer Koryphäen, die den Ruf des Hauses 
		festigten. Er investiert in hochmoderne Diagnostik und lässt in den 
		90er-Jahren viel früher als andere Häuser über ISDN Bilder an 
		Computer-Tomographen von Partner-Häusern senden, um die Wege von 
		Patienten zu verkürzen.
		
		1997 zwingt der Kostendruck das Haus, die eigene Küche zu schließen. 
		Wieder liegt in der schlechten Nachricht eine gute: Es kommt zu einer 
		ersten intensiven Zusammenarbeit zwischen den Krankenhäusern in 
		Kevelaer, Goch und Kalkar. Sie bauen in Kehrum eine Großküche. Kein 
		Beschäftigter fällt in die Arbeitslosigkeit. Die Kräfte aus Kevelaer, 
		die die Küche an sieben Tagen in der Woche aufrechterhalten haben, sind 
		in der freien Wirtschaft heiß begehrt.
		
		Rainer Haas spricht schon damals weitsichtig von weiterem Team-Work mit 
		anderen Häusern, denkbar z.B. in der Mitarbeiterverwaltung, in Einkauf 
		und Labor. 
		2001 geht das Medical Care Center Niederrhein an den Start. Emmerich und 
		Kevelaer managen unter der Leitung von Rainer Haas den Einkauf 
		kostengünstig gemeinsam. In Kevelaer wird das Lager eingerichtet. Später 
		wird das Center – unter Regie des Krankenhausverbunds - in ein eigenes 
		Gebäude nach Uedem verlegt und schreibt seine große Erfolgsgeschichte 
		fort.
		
		Im Oktober 2002 wird überdeutlich, dass die Häuser in Kevelaer, Kleve, 
		Goch und Kalkar nur noch zusammen überleben können. Das KB schreibt: 
		„Auf dem Operationstisch liegt ein schwer kranker Patient. Vier 
		Chirurgen haben die Messer gezückt, um ihn überlebensfähig zu machen. 
		Sein Leiden: Chronische Finanzschwäche durch immer neue Auflagen von 
		Bund und Land sowie ein Organismus, der aus weniger harten Zeiten 
		stammt; er lebt mit vier Herzen und vier Hirnen. Jedes pumpt und jedes 
		denkt für sich - und leistet sich einen Höchstverbrauch an Energie. Die 
		Krankenhausdirektoren und -geschäftsführer von Goch, Kalkar, Kevelaer 
		und Kleve wollen aus den Vierlingen einen einzigen effizienten 
		Organismus machen.“ Sie gründen einen Krankenhausverbund, der alle vier 
		Standorte erhält und jedes Haus mit medizinischen Schwerpunkten betraut.
		
		Rainer Haas bekennt damals froh: „Am meisten freut mich, dass ich das 
		Marienhospital zum 1. Januar 2003 mit den Kollegen in Kleve, Goch und 
		Kalkar in einen stabilen größeren Verbund führen und damit für die 
		Zukunft sichern konnte.“
		
		Unter den Vieren nimmt sich Kevelaer wie ein Schmuckstück aus – schon 
		beim Eintritt ins Haus. Im Foyer mit Hotelcharakter lässt der 
		freundliche Auftritt der Mitarbeiter Berührungsängste fallen. Das 
		registriert 2007 auch Dr. Peter Enders, der damals neue 
		Hauptgeschäftsführer: „Ein schönes Haus! Und die Mitarbeiter sind so 
		freundlich. Das fällt mir bei jedem Besuch auf.“ Höflichkeit und 
		Freundlichkeit zählen für Rainer Haas zur Grundausstattung, nicht als 
		Mittel zum Zweck effizienterer Arbeit, sondern als Achtung vor dem 
		nächsten. 
		
		Für das Wohl der über 400 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fühlt er sich 
		persönlich verantwortlich, auch wenn das bei der Schließung ganzer 
		Abteilungen für Außenstehende kaum sichtbar wird. Haas ist bewusst, dass 
		er in die Lebenspläne von Menschen eingreift, die mitunter 
		jahrzehntelang guten Dienst getan haben, „aber wir mussten diese 
		Entscheidungen treffen und haben uns um jeden einzelnen gekümmert.“
		Arbeitslos geworden, das freut ihn bis heute, sei von ihnen niemand. Für 
		jeden einzelnen habe er so lange mit Personalleiter Bernd Ebbers 
		gesucht, bis eine neue Stelle gefunden worden sei. Überhaupt habe er in 
		31 Jahren nicht ein halbes Dutzend Kündigungen aussprechen müssen. 
		
		Dass Haas im Haus ab und an auch von seinen Gefühlen mitgenommen wird, 
		ist bei der Schließung der geburtshilflichen Abteilung deutlich zu 
		erleben, die er trotz aller Anstrengung am Ende doch nicht verhindern 
		kann. Bis heute hat er das Datum, den 30. September 2004, und die Bilder 
		vor Augen. Er blickt mit Dr. Jens-Reiner Brinke durch die Glasscheiben 
		in den Raum mit den Bettchen. „Ich sehe noch die dezent fliederfarben 
		gestreiften Baldachine vor mir, unter denen in Kevelaer nie mehr 
		Säuglinge liegen würden.“ Er dreht den Schlüssel in der Tür und weiß, 
		was er da für immer abgeschlossen hat. Das ist, so bekennt er später, 
		einer seiner schwersten Augenblicke in den 31 Jahren.
		
		Wie einen späten Trost fügt er an: „Wenn wir weitergemacht hätten, wäre 
		das ganze Haus in eine Schräglage geraten. Es wäre von anderen 
		aufgesogen worden.“ Stattdessen erfährt das Haus eine neue Stärkung: 
		Düsseldorf genehmigt die Neurologie. Wieder ein Meilenstein.
		
		
		Rainer Haas wenige Tage vor seinem letzten Arbeitstag vor einer 
		Luftaufnahme des Marienhospitals. 
		
		All diese Arbeit hat eine weitere Motivation. Er nennt sich einen 
		Menschen, der „mitten im Glauben steht.“ Für ihn haben „die Nähe zum 
		Gnadenort, der Charme dieser Stadt und ihre ganze Ausstrahlung etwas 
		Besonderes.“ Manchmal setzt er sich in die Kapelle, betet oder lauscht 
		in die Stille. Dann weiß er, warum er nie aus Kevelaer wegwollte.
		
		Wenn er mit seiner Piper über Kevelaer und den Niederrhein dahingleitet, 
		ist das für ihn pures Glück. Um die zugehörigen Prüfungen bestehen zu 
		können, muss er sich fit halten – das ist einer der Gründe, warum der 
		63-Jährige jetzt aus dem Dienst scheiden möchte.
		
		Außerdem liebt er noch immer Autos, besonders sein Modell aus 
		Zuffenhausen, und er möchte seine beiden Enkelsöhne Maximilian und 
		Tobias aufwachsen sehen. Sie sind Kinder seiner Tochter Eva-Maria, einer 
		Stewardess, und seines Schwiegersohns Robert Schmidtmann, eines 
		Flugkapitäns. An dem Tag, den dem Rainer Haas verabschiedet wurde, saß 
		Robert Schmidtmann in einem Flugsimulator der Lufthansa und paukte die 
		Bedienung des Airbus A 320, denn den wird er in Kürze quer durch Europa 
		steuern. Freudig verkündete Rainer Haas: „Wenn Sie, liebe Gäste, einmal 
		an Bord eines solchen Fliegers sitzen und von Flugkapitän Robert 
		Schmidtmann begrüßt werden, dann fliegt Sie mein Schwiegersohn!“
		
		Kein Zweifel, Rainer Haas hob mit Freude in einen neuen Lebensabschnitt 
		ab!