Seifert, Ernst I
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		Gründer von 
		Orgelbau Seifert | * 1855 | † 1928
		
		
Im 
		Januar 1855 kam der spätere Firmengründer und Erfinder Ernst Seifert I 
		auf die Welt. 30 Jahre später machte er sich mit einer Orgelbau-Anstalt 
		selbstständig und baute im selben Jahr - 1885 - die erste Orgel. 
		Wiederum 30 Jahre später - 1915 - übernahm Sohn Romanus Seifert den noch 
		kleinen Betrieb in Kevelaer und führte die Unternehmung zu Weltruhm. 
		
		
		
Ernst Seifert I.
		
		Bis heute zählt Seifert zu den Unternehmungen, die Kevelaers Ruf einer 
		Kunstwerkstadt mit meisterlichen Handwerkern und Künstlern begründen und 
		in die Welt getragen haben. Ernst Seifert I muss ein stattlicher Mann 
		gewesen sein, der durch sein markantes Äußeres, seine hohe 
		Professionalität, seinen erfinderischen Geist und seine 
		Unternehmerpersönlichkeit selbst kritische Zeitgenossen aufs höchste 
		beeindruckte. 
		
		1855 als erster Sohn des Försters Christian Seifert und seiner Frau 
		Karoline, geb. Härter, in Sülzdorf beim Römhild in Thüringen geboren, 
		wurde Ernst Seifert I evangelisch-lutherisch getauft, besuchte die 
		Schule in Sülzdorf, lernte in Behrungen drei Jahre den Spengler-Beruf 
		(ein Spengler montiert Dachrinnen, stellt Blechdächer her, baut 
		Lüftungen) und ging auf Wanderschaft. In Chemnitz lernte er bei 
		Orgelbaumeister Schubert und in Dresden bei Orgelbaumeister Jahn jeweils 
		zwei Jahre und legte 1880 seine Staatsprüfung als Orgelbaumeister beim 
		Ministerium von Sachsen-Meiningen ab.
		
		1881 trat er bei Orgelbaumeister Sonreck in Köln als Geschäftsführer 
		ein. 1882 gelang Seifert eine bahnbrechende Erfindung: Er schuf die 
		erste rein pneumatische Windlade, die ohne jedes andere Hilfsmittel 
		äußerst präzise arbeitete und patentiert wurde. 
		
		

Das Patent verkaufte er an Orgelbauer Schneider in Mudersbach. Der Erlös 
		war Seiferts Grundstock für einen Schritt, der zum Glücksfall für 
		Kevelaer wurde: Im Januar 1885 machte Ernst Seifert sich selbstständig.
		
		Mit 
		seiner Familie - Frau Maria Anne geb. Ries (* 1861) gebar die drei Söhne 
		Ernst, 
Romanus und Walter - siedelte Seifert zunächst nach Köln über. 
		Hier begann er im selben Jahr mit dem Bau seiner ersten Orgel, einem 
		Werk mit 14 Registern für Rödgen (Sieg). 
		
		
Ernst Seifert I (sitzend) mit seinen Söhnen (v. l.) Ernst, Romanus 
		und Walter.
		
		Seine erste Orgel für Köln 
		schuf Seifert 1887 - ein Werk mit zwölf Registern für die katholische 
		Kirche in Köln-Bayenthal. 1895 folgte eine 57-registrige Orgel für 
		Maria-Himmelfahrt in Köln. 
		
		Als er 1896 seine 50. Orgel in Köln-Deutz mit 50 Registern baute, war 
		längst auch das Ausland auf seine Meisterschaft und seine meisterlichen 
		Instrumente aufmerksam geworden, und er lieferte nach Belgien, Luxemburg 
		und Amerika.
		
		1902 wurde die erste patentierte Windlade, nachdem Orgelbauer Schneider 
		das Patent hatte verfallen lassen, wieder aufgenommen. Im selben Jahr 
		fertigte Seifert eine Orgel für die Gewerbeausstellung Düsseldorf 
		(später im Dom zu Altenberg) und bekam dafür die große Staatsmedaille.
		
		

		Seiferts Werkstatt in Köln.
		
		1906 erhielt er den Orgelbau-Auftrag für die große Marienkirche zu 
		Kevelaer. Die Orgel bekam zunächst 122 Register und wurde auf 131 
		Register erweitert. Im selben Jahr - mittlerweile arbeiteten die drei 
		Söhne mit im Betrieb - gründete Seifert eine Filiale in der Marienstadt, 
		so wie es der Kevelaer-Auftrag verlangt hatte. Im März 1906 meldete das 
		KB:
		
		"Wie wir vernehmen, wird die Orgelbauanstalt Ernst Seifert-Köln, welche 
		mit dem      Aufstellen der neuen Orgel in der 
		Wallfahrtskirche begonnen hat, hier am Platze eine Filiale gründen und 
		hat dieselbe bereits ein Grundstück an der Wettenerstraße erworben. 
		Genannte Firma sucht, wie aus dem Inserententeile ersichtlich, 
		einheimische tüchtige Schreiner für dauernde Beschäftigung.“
		
		
		Die Orgelbau-Anstalt Seifert um 1907.
		
		Im Sommer 1907 berichtete das KB:
		
		

„Die neue Orgel in unserer Marienkirche, erbaut von Herrn E. Seifert, 
		Orgelbau-Anstalt Köln-Kevelaer, ist in den letzten Tagen fertig gestellt 
		worden. Wie das Urteil allgemein lautet, ist die Orgel ein Prachtwerk, 
		wie es in Westdeutschland keine Kirche aufzuweisen hat. 
		
		
Die Basilikaorgel (1926).
		
		Gestern 
		nachmittag fand eine Vorführung der Orgel durch Herrn G. Korthaus* 
		statt, zu welcher sich außer einheimischen Musik- und Kunstliebhabern 
		auch manche auswärtige Musikfreunde eingefunden hatten. Alle waren 
		überrascht von der großartigen Klangfülle des Werkes und hörten mit dem 
		größten Interesse den einzelnen Vorträgen zu.“
		
		Ernst Seifert I übertrug die Geschäftsleitung des Unternehmens Mitte 
		1914 seinen drei Söhnen. Bei der Übergabe notierte er in den 
		Geschäftsbüchern:
		
		„Bis hierher hat Gott geholfen. Bittet, so wird er euch auch 
		weiterhelfen. Seid fleißig zu halten die Einigkeit durch das Band des 
		Friedens! Einer trage des Anderen Last. Edel sei der Mensch, hilfreich 
		und gut!“
		
		

Sohn Romanus übernahm 1915 den noch kleinen Betrieb in Kevelaer, den er 
		zu dem in Fachkreisen weltbekannten Unternehmen Orgelbau Romanus Seifert 
		und Sohn ausbaute. 
		
		
Ein Blick in die Werkstatt in Kevelaer, ganz rechts Romanus Seifert 
		(2. Generation), ganz links Ernst Eifert (3. Generation).
		
		1926 trat mit dem nach seinem Großvater benannten Ernst Seifert die 
		dritte Generation ins Unternehmen ein.
		
		1928 starb Ernst Seifert I, den es bis zuletzt auf die Baustellen 
		gezogen hatte. Das KB schrieb: 
		
		„Mit zähem Eifer und rastloser Energie brachte er seinen Betrieb auf 
		eine glänzende Höhe. […] Er hat Instrumente für die Türkei, Frankreich, 
		Holland, Luxemburg, Belgien sowie Amerika hergestellt und aufgebaut. Die 
		Orgel in Kevelaer ist, solange die Orgel im Passauer Dom nicht ausgebaut 
		ist, die größte Orgel der Gegenwart. Seifert, der ein Alter von nahezu 
		73 Jahren erreicht hat, ist sozusagen in den Sielen gestorben. Es war 
		sein besonderer Wunsch, die Erweiterung der Kölner Domorgel und deren 
		Vollendung noch durchführen zu können. Es ist ihm nicht beschieden 
		gewesen.“
		
		In einem Nachruf für eine Fachzeitschrift ehrte Pater Dr. Gregor Schwake 
		OSB* den Verstorbenen:
		
		„Es sind erst wenige Monate her, dass ich den greisen Orgelbaumeister 
		Ernst Seifert kennenlernte. … Ich besuchte ihn im Kölner Dom, wo mich 
		der Um- und Neubau der Orgel interessierte. Die Domorgel sollte sein 
		letztes Werk sein. Bei dieser Arbeit holte er sich den Keim zur 
		Todeskrankheit.“
		
		Pater Schwake hielt fest, die Kölner Domorgel habe den Sterbenden noch 
		in seinen Fieberfantasien beschäftigt. „In meinem Andenken wird das Bild 
		des Mannes allezeit verbleiben, wie er in seiner hohen Gestalt, mit dem 
		ehrwürdigen langen Bart, mit dem langen gelben Arbeitskittel angetan, 
		oben auf der Bühne des Kölner Domes in der Orgel arbeitete, umrahmt von 
		den himmelwärts stehenden gotischen Gewölbebögen.“ 
		
		
		
		
		• 
Gerhard Korthaus, Kirchenmusiker und Basilikaorganist in Kevelaer von 1890 bis 
		1927; Komponist der Melodie des Kevelaerer Heimatlieds. 
		
		• 
Dr. Gregor Schwake OSB war als Theodor Schwake am 15. April 1892 in 
		Emmerich zur Welt gekommen. Er trat den Benediktinern bei, war Priester, 
		wurde als Kirchenmusiker „Apostel des Volks-Chorals“ genannt und 
		arbeitete als Organist in der Abtei Gerleve. Die Nazis verschleppten den 
		kritischen Geistlichen im Februar 1944 in das KZ Dachau, wo er den 
		Priesterchor leitete und in der Kapelle im KZ-Block 26, im 
		„Pfarrerblock“, Organist war. Er überlebte das KZ und starb 1967 in 
		Billerbeck (Abtei Gerleve) kurz vor seinem Goldenen Priesterjubiläum.
		
		• 
Eine Bitte an die Leserinnen und Leser: Wir sind auf 
		der Suche nach einem Foto, das die noch von der Firma Rütter gebaute 
		erste Basilika-Orgel zeigt, nachdem sie 1907 von der Marienkirche in die 
		St.-Antonius-Kirche versetzt worden ist. Die Rütter-Orgel wurde 1945 bei 
		einem Luftangriff auf Kevelaer zerstört. Ein Bild dieser Zerstörung 
		liegt vor, aber leider keines, das die Orgel und ihr Gehäuse im 
		Kirchenraum zwischen 1907 und 1945 zeigt; dabei stand sie dort immerhin 
		38 Jahre. Im Abnahmebericht für die Rütter-Orgel aus dem Jahr 1907 ist 
		vermerkt, dass es ein ganz außergewöhnliches Gehäuse gewesen sein muss, 
		das oberhalb des Sockels aus Metall gemacht war. Hinweise bitte an Delia 
		Evers, Tel. 04936 - 916268 oder delia-evers@blattus.de