Stassen, Willy I und II
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		Gastwirte 
		von Alt Derp |
		Willy Stassen II | * 1920 |  † 2008
		
		
Am 
		21. August 1920 bekommen Wilhelm Stassen I und seine Frau Gertrud, 
		geborene Aengeneyndt, im „Alt Derp“ ihr elftes Kind. Sie nennen es nach 
		dem Vater: Wilhelm. Damit ist der Sohn geboren, der die 
		Traditionsgaststätte - als Willy Stassen II - eines Tages weiterführen 
		wird.
		
		
Willy Stassen I.
		
		Zunächst besucht der Kleine die Marktschule und beginnt eine 
		Metzgerlehre bei Braam. Das ist nicht ganz in seinem Sinn, viel lieber 
		wäre er Designer geworden. Er malt wie seine Brüder Theo und Franz gern 
		und gut. „Doch damals konnten wir uns den Beruf nicht aussuchen. Da 
		wurde nicht nach den Wünschen gefragt. Da hieß es: Du wirst Metzger. So 
		wurde es gemacht.“ 
		
		Willy Stassen II muss in den Krieg, ist Kradmelder in Russland und 
		Italien. Er freundet sich mit einem Fernmelder aus seiner Einheit an. 
		Der tickert für ihn Botschaften von der russischen Front zu seiner 
		Familie nach Kevelaer. Die schriftlichen Dokumente von damals verwahrt 
		Willy Stassen II noch Jahre später. Einmal hört er, dass einer seiner 
		Brüder in seiner Nähe stationiert ist. Willy setzt alles daran, ihn zu 
		besuchen. Doch als er ankommt, heißt es, die Einheit sei verlegt worden. 
		Willy, bitter enttäuscht, muss in dem fremdem Lager übernachten. Viel 
		später erfährt er, dass sein Bruder zu einem Nachkommando gehört hat, 
		das die Nacht doch in diesem Camp zugebracht hat - in einer Baracke 100 
		Meter von Willy entfernt. 
		
		

Nach 
		seiner Gefangenschaft in Italien legt Willy Stassen II seine 
		Meisterprüfung als Metzger ab und arbeitet in der Wirtschaft seiner 
		Eltern. 1947 übernimmt er sie von Vater Willy Stassen I, dem der 
		Abschied nicht schwer fällt - er widmet sich lieber mit großem Einsatz 
		öffentlichen Aufgaben. Willy Stassen II erinnert sich: „Wir Kinder haben 
		uns der Reihe nach um die Wirtschaft gekümmert.“ Das fängt mit dem 
		ältesten an, der übergibt die Aufgabe an den nächsten, bis sie 
		schließlich am Jüngsten, an Willy Stassen, „hängen bleibt“. 
		
		
Willy Stassen II.
		
		Dem wächst die Wirtschaft bald ans Herz. Er hat ein Gefühl für die 
		Menschen, die in ihr ein Stück Heimat haben, bleibt nie hinter der Theke 
		stecken, sondern pokert mit oder steht mit Freunden am Billardtisch.
		
		"Wir haben immer Wert auf eine familiäre Atmosphäre gelegt“, sagt seine 
		Frau Maria. Viel Zeit verbringt er in der Küche am Herd. 40 Jahre lang 
		bekocht er seine Gäste. „Da kam mir meine Metzgerausbildung sehr 
		gelegen.“ 
		
		

Er 
		weiß noch gut, wie der Betrieb bis 1929 von der eigenen Landwirtschaft 
		lebte. Rinder gehörten dazu und über 60 Morgen Land. Auch sie wollten 
		versorgt werden. 
		
		
Haus Stassen, die Pfarrkirche St. Antonius und das Hotel Zur Post 
		(Klümpen) um 1900.
		
		„Mittags saßen bei uns 20 Leute am Tisch - die eigene Familie, Mägde, 
		Knechte und ledige Tanten“. Und auch daran erinnert sich Willy II: 
		„Meine Mutter ging jeden Morgen in die Kirche. Sie war sehr religiös“. 
		Er selbst empfindet eine „tiefe Beziehung zum Herrgott“.
		
		Die Frage, was er für ihn bedeutet, erstaunt ihn: „Alles! Ohne ihn ist 
		alles nichts.“ Mit der Muttergottes ist er groß geworden. Die 
		Nachbarschaft zur Pfarrkirche St. Antonius ist innig. So schreibt Pastor 
		Alois van Doornick einmal in ein Büchlein mit dem Titel „Lieber Gott, 
		was wohnst Du schön“ die persönliche Widmung: „...direkt gegenüber von 
		Stassen“. Und der Gastwirt sagt: „Ich bin glücklich, dass ich in 
		Kevelaer leben darf.“
		
		Das empfindet er schon, als er noch ein Junge ist. Trotz der vielen 
		Arbeit in Wirtschaft und Hof bleibt ihm Zeit für seine Hobbys. Er ist 
		ein leidenschaftlicher Sportler, lernt noch im alten Kolpinghaus an der 
		Egmontstraße das Turnen, spielt später Feldhandball und betreibt 
		Leichtathletik. Gemeinsam mit Fritz Gey und Bernd Quinders läuft er bei 
		zahllosen Wettbewerben die 3 x 1000-m-Staffel. „Am unteren Niederrhein 
		waren wir unschlagbar“. Schon vor dem Krieg legt er bei
		
Gregor Douteil, 
		dem Vater des späteren DLRG-Chefs, Rettungsschwimmer-Prüfungen ab. Hier 
		wie in der Bürgerschützengesellschaft wird er als junger Mann Mitglied. 
		15 Jahre ist er deren Adjutant und reitet vor, wenn der Vogel gefallen 
		ist. 
		
		Der St.-Josef-Bruderschaft und dem Kevelaerer Sängerbund tritt er sehr 
		früh bei. Er zählt zu den Veldenpilgern und nimmt jedes Jahr an ihrer 
		Wallfahrt teil. 
		
		Auch um die Geselligen Vereine macht er sich verdient: Er führt nach dem 
		Zweiten Weltkrieg das traditionelle Verbrennen der Kirmespuppe wieder 
		ein. Dazu begibt sich Stassen mit seinen Gästen und der Puppe zu der 
		Wiese vor Gerats an der Marktstraße, Stassen stiftet ein Fass Bier, an 
		dem Jan und Allemann sich ihren Gerstensaft zapfen dürfen, während die 
		Puppe brennt. Maria Stassen: „Wir haben viel Freude gehabt und gern 
		jeden Anlass genommen, um mit unseren Gästen zu feiern.“ Sie umsorgt 
		gemeinsam mit ihrem Willy die Kinder; heute sind sie vierfache 
		Großeltern. 
		
		Seit 1964 sind Maria und Willy Stassen verheiratet. Ein Jahr zuvor war 
		seine erste Frau Marianne, geborene van Betteraey aus Kevelaer, 
		gestorben. Aus den beiden Ehen stammen die Kinder Willy III, Margret und 
		Manfred sowie Rainer und Markus.
		
		Willy Stassen II malt auch in seinen späten Jahren noch gern, er liest, 
		kocht, backt gemeinsam mit seiner Maria und freut sich an den beiden 
		Kartäuserkatzen Kitty und Sam. Als "Alt Derp" 1992 an Kalli Hornbergs 
		verpachtet wird, dauert es nicht lange, bis Willy Stassen gern im 
		Ruhestand ist und seinen Frieden damit macht, dass keines seiner Kinder 
		die Gastwirtschaft übernehmen mochte. 
		
		Und so ist es kein Wunder, dass er voller Freude von seiner Zeit als 
		Gastwirt berichtet, von den Stammkunden spricht, als handele es sich um 
		Familienangehörige, und kleine Geschichten erzählt, die das Herz 
		erfreuen. Dazu zählt ein viele Jahre altes Döneken von einem hohen 
		geistlichen Würdenträger, den Pastor Wilhelm Overlack eines Tages ins 
		„Alt Derp“ führen will. Overlack weiß, dass der Gast passionierter 
		Teetrinker ist, und bittet Willy Stassen, einen achtbaren Vorrat an 
		Sorten einzukaufen. Als der Würdenträger bei Stassen sitzt, zählt der 
		Wirt professionell die Sorten auf, als hätte er in einer Teestube 
		gelernt: „Exzellenz, welchen Tee darf ich bringen?“ Darauf Exzellenz: 
		„Wieso Tee? Ich trinke ein anständiges Bier.“
		
		Besonders gern erinnert sich Willy Stassen an die vielen Sänger, die in 
		seinem Haus zu Gast waren. „Wenn sie damals von der Probe kamen, haben 
		sie hier weiter gesungen. So was gibt es heute gar nicht mehr.“ 
		
		Willy Stassen ist Zeit seines Berufslebens kein „lauter“ Wirt, aber 
		einer, der Respekt genießt. „Es gab einige Raufbolde“, erzählt Maria 
		Stassen. „Die haben woanders randaliert, bei uns nicht. Da genügte ein 
		Wort oder ein Blick, und sie gaben Ruhe“. 
		
		Und Willy Stassen ist ein liebenswürdiger Wirt, einer, der nicht viele 
		Worte machen muss, um angesehen und geachtet zu werden. Einmal, erinnert 
		er sich, kommt der alte
		
Edmund Bercker 
		an die Theke und sagt: „Dütt ma zwej Cognac!“ Da fragt Stassen: „Wieso 
		zwei? Sie sind doch allein!“ Da sagt Bercker: „Ich heiße Ed. Und der 
		zweite Cognac ist für Dich.“ Auf so einfache und schöne Weise wächst die 
		Gäste-Familie von Willy Stassen.
		
		Auch hat er ein Gefühl für das Haus und seine Jahrhunderte alte 
		Tradition. 1646 - die Wallfahrt ist blutjung - logieren die Patres 
		Laurentius Verachten und Ludwig van Omel im Haus. Sie sind die ersten
		
Oratorianer, die 
		auf Veranlassung des Erzbischofs von Mechelen und des Bischofs von 
		Roermond nach dem Vorbild von Scherpenheuvel die Wallfahrt organisieren. 
		So ist es auf der ersten Seite der Oratorianerchronik belegt. Welche 
		Bedeutung die Gaststätte für die aufblühende Wallfahrt hat, zeigt eine 
		weitere Urkunde aus dem Jahr 1648. Damals fragt der Pfarrer von Geldern 
		bei Gastwirt Geurt Reyners an, ob die Pilger der Gelderner Prozession in 
		seinem Haus Unterkunft bekämen. 
		
		Die Familie Reyners spielt vermutlich eine wichtige Rolle in der 
		damaligen Zeit: Ein Johann Reyners begegnet uns als Schöffe von Kevelaer 
		- er ist 1649 zusammen mit Jan Holtappels Zeuge, als die gerade 
		fertiggestellte „Groote Kapell“, die Kerzenkapelle, den Oratorianern 
		übergeben wird. Das Kävels Bläche ergänzt in seiner Ausgabe vom 16. 
		Dezember 1961: „Es darf hier auch vermerkt werden, dass das dem 
		Haupteingang der Pfarrkirche zunächst stehende Steinkreuz einst die 
		Grabstätte des Schöffen Jan Holtappels schmückte.“ 
		
		Im 18. Jahrhundert geht das Anwesen in die Hände einer anderen Familie 
		über, und zwar zunächst in den Besitz der Familie Dyx oder Dicks. Im 
		Kevelaerer Brandkataster aus der Zeit um 1820, einem Verzeichnis 
		sämtlicher Häuser in Kevelaer, die gegen Feuerschäden versichert sind, 
		hat das Anwesen die Nummer 23 und besteht aus einem Wohnhaus und einer 
		Scheune. Darin heißt es: Sie „sind beide mit das Mauerwerk versichert, 
		auch beide mit Ziegeln gedeckt“. Die Versicherungssummen: Für das Haus 
		700, für die Scheune 200 Reichstaler. „Der Wert der Gebäulichkeiten 
		entsprach den Versicherungssummen, zu denen auch die anderen in der 
		Nachbarschaft liegenden Häuser versichert waren.“ 
		
		1861 kommt das Haus in den Besitz der Familie Stassen: Theo Stassen aus 
		Wetten, geboren 1826, erwirbt von der Witwe Ida Dyx, geborene Selders, 
		die Gaststätte und dazu einen ansehnlichen landwirtschaftlichen Betrieb. 
		Im oben genannten Bericht vom 16. Dezember 1961 berichtet das Kävels 
		Bläche weiter: „Theodor Stassen war der Enkel eines Gutspächters aus 
		Schabeek in der Herrschaft Hoensbroeck bei Maastricht, der um das Jahr 
		1800 infolge der Intrigen eines ungetreuen Verwalters der genannten 
		Herrschaft von seinem Pachthof hatte weichen müssen und es vorgezogen 
		hatte, den Hübbenhof in Wetten zu übernehmen.“ Schon zwei Jahre, nachdem 
		Theodor Stassen von Witwe Ida Dyx die Gaststätte in Kevelaer gekauft 
		hat, stirbt die Frau. 
		
		Sohn Willy Stassen I, geboren am 27. Oktober 1866, übernimmt die 
		Gaststätte. Unter seiner Regie werden 1906 die alten Gebäude abgerissen; 
		er lässt sie durch ein großes Haus ersetzen. Während der 
		Abbruchmaßnahmen entdecken Arbeiter Brandspuren an den Mauern. Das gibt 
		einer alten, mündlichen Überlieferung Nahrung: In der Gaststätte sollen 
		im Dreißigjährigen Krieg hessische Landsknechte ihr Wachlokal gehabt 
		haben - die Brandspuren, so vermuten Experten, könnten von ihren 
		Wachfeuern herrühren und 250 Jahre alt sein.
		
		Zu den interessantesten Erinnerungen, die Willy Stassen II aus der 
		Gastwirtzeit seines Vaters weitererzählt, gehört diese kleine Sensation: 
		Im Mai 1879 finden Arbeiter beim Ausheben einer Grube auf dem Grundstück 
		ein eiszeitliches Fossil. Das Kävels Bläche berichtet am 20. Mai 1879: 
		„Ende voriger Woche stieß man hier bei den Grundarbeiten eines 
		auszuführenden Neubaus auf bedeutende Knochenreste des der indischen 
		Elefantenrasse sehr ähnlichen aber ausgestorbenen Mammuts. Andere 
		dagegen sind einstweilen der Meinung, daß es wohl nur Knochen von einer 
		besonders stark gebauten Pferderasse seien.“ Eine Zeit lang werden die 
		Knochenreste in einem Seitenraum der Wirtschaft für 10 Pfennig zur 
		allgemeinen Besichtigung ausgestellt. Der Schädel ist so umfangreich, 
		dass er allein einen ganzen Tisch bedeckt. Die Tierreste sind angeblich 
		später nach Bonn oder Berlin in ein Museum gelangt. Wo sie tatsächlich 
		abgeblieben sind, kann nicht rekonstruiert werden. 
		
		Willy Stassen I übernimmt viele öffentliche Ämter und hat nur wenig Zeit 
		für die Gastwirtschaft. Er ist froh, dass er zwei unverheiratete 
		Schwestern hat, die die guten Geister des Hauses sind. Da sind „Tante 
		Hanneke“ und „Tante Liske“, die „ongetraude Sösters“, die ihn und später 
		seine Frau sehr entlasten. Tante Liske hat ihr Reich in der Küche, und 
		Tanke Hanneke betreut die Gäste in der Gaststube. Den hell gescheuerten 
		Holzfußboden bestreut sie Jahrzehnte lang zweimal täglich mit weißem 
		Sand. So ist es damals am Niederrhein Sitte.
		
		Willy Stassen I verdient sich in der Gesellschaft schnell hohes Ansehen. 
		Drei Jahrzehnte gehört er zum Kirchenvorstand und ist, wie es später auf 
		seinem Totenzettel heißen wird, „der treueste Berater seines Dechanten“. 
		Über vier Jahrzehnte wirkt er als Brudermeister und „als treuer Hüter 
		guter Traditionen in der St. Josefbruderschaft“. Rat und Hilfe gibt „er 
		selbstlos und immer bereit durch 25 Jahre im Kuratorium des 
		Marienhospitals“. 
		
		Zudem verwaltet Willy Stassen I über Jahrzehnte die Kirchenländereien. 
		Und schon vor dem Ersten Weltkrieg ist er „ununterbrochen Mitglied des 
		Kevelaerer Gemeinderates gewesen“, so wird es später, im Mai 1950, in 
		einem Zeitungsnachruf heißen, der weiter berichtet, dass Stassen sich 
		besonders große Verdienste in seiner langjährigen Tätigkeit als erster 
		Beigeordneter der Gemeinde verdient, „die seinem erfahrenen Rat und 
		seiner starken Initiative viel zu verdanken hat“. 
		
		In seiner Freizeit geht er auf die Jagd - wohl sehr treffsicher, denn 
		als Jäger ist er weit über die Grenzen der Stadt hinaus bekannt, auch 
		das vermerkt - interessant genug - sein Totenzettel. 
		
		Gern und mit Liebe, so erinnert sich Willy Stassen II, kümmert sich sein 
		Vater um die große Familie. 1904 - da ist er 37 Jahre - heiratet Willy 
		Stassen I Gertrud Aengeneyndt, die 1875 in Kevelaer auf dem Noyshof 
		geboren ist. Sie schenkt ihm elf Kinder, wovon vier in der Jugend 
		sterben. Die Älteste, Adelgunde, geboren 1905, erliegt mit 22 Jahren 
		1927 einer langen Krankheit „nach einem durch Frömmigkeit und 
		Arbeitsamkeit“ ausgezeichneten Leben, so der Totenzettel.
		
		Die Zweitälteste, Elisabeth, geboren 1906, wird nur 14 Jahre alt. Sie 
		stirbt nach kurzer Krankheit 1920. 
		
		Josefine, geboren 1911, wird von einer schweren, schleichenden Krankheit 
		heimgesucht und stirbt im Alter von 16 Jahren. 
		
		Auch Sohn Heinrich, geboren 1914, hat nur ein kurzes Leben. Er besucht 
		zunächst Elementar- und Rektoratsschule in Kevelaer, bevor er, wie es in 
		seinem Totenzettel heißt, „dem Drang seines reinen Herzens“ folgt und 
		„in die Studiengemeinschaft der Salesianer des Don Bosco zu 
		Essen-Borbeck“ eintritt. Doch schnell stellt sich bei ihm eine Krankheit 
		ein, und sein Krankenbett wird zum Totenbett. Er stirbt 1932, noch keine 
		18 Jahre alt. Der Totenzettel vermerkt: „Wegen seines reinen kindlichen 
		Gemüts und seiner guten Veranlagung war er in gleicher Weise der Stolz 
		und die Freude seiner lieben Eltern und Lehrer. ... Tief betrübt stehen 
		seine Eltern und Geschwister an der Bahre des treuen Verstorbenen und 
		bitten um das Almosen des Gebets“.
		
		Tief betrübt müssen die Eltern Jahre später drei weitere Söhne in den 
		Zweiten Weltkrieg ziehen lassen. Alle drei kommen zurück, darunter der 
		jüngste, Willy II - für den Vater ist das wie ein Wunder. 
		
		

Unmittelbar 
		nach dem Krieg - das Haus Stassen ist unversehrt geblieben, obwohl die 
		Pfarrkirche und weitere Häuser in der Nähe durch Bomben in Schutt und 
		Asche gefallen sind, darunter das Hotel Klümpen, der „Gasthof zum 
		Posthaus“, - wird Willy Stassen I zum stellvertretenden Bürgermeister 
		ernannt. 
		
		
Haus Stassen vor dem Umbau des Roermonder Platzes.
		
		Wegen seines hohen Alters - er ist 79 Jahre - tritt er jedoch nach 
		kurzer Zeit von diesem Amt zurück. Noch immer hilft Mutter Gertrud in 
		dem großen Hauswesen mit Gaststätte und Herberge. Die Kräfte des Vaters 
		jedoch gehen zu Ende. Er stirbt nur wenige Jahre nach der glücklichen 
		Heimkehr seiner drei Söhne im Mai 1950 im Alter von 84 Jahren. 
		
		In seinem Totenzettel steht: „Du, Herr, ... hattest ihn reich beschenkt 
		mit großen Gaben des Herzens und des Verstandes. ... Ein gutes Stück 
		echter Kevelaerer Tradition war in ihm verkörpert“. 
		
		Zu diesem Zeitpunkt hat Willy Stassen II die Regie bereits seit vier 
		Jahren übernommen. 
		
		Seine Mutter Gertrud arbeitet weiter und geht täglich gegenüber in die 
		Heilige Messe. Acht Jahre nach dem Tod ihres Mannes wird sie in ihrem 
		eigenen Totenzettel als „treueste Nachbarin“ der Kirche bezeichnet 
		werden: „Nach einem gottgesegneten, reichen Leben entschlief sie im 
		Herrn am Gründonnerstag, dem 3. April 1958 im Alter von 83 Jahren.“
		
		
		Zu diesem Zeitpunkt hat die Gaststätte in der Kevelaerer Gesellschaft 
		längst den denkbar besten Ruf. Willy Stassen II verpachtet sie 1992 an 
		den Wettener Kalli Hornbergs. Eine Ära geht zu Ende. Eine neue beginnt.
		
		
		
		Das Foto zeigt das Ehepaar Maria und Willy Stassen 1992 beim 
		Abschied von der Wirtszeit – v.l. Maria „Mia“ Stassen, Markus Stassen, 
		Willy Stassen II, Uschi Stassen und Willi Stassen III. 
		
		Willy Stassen starb im Jahr 2008.
		
		
		
Nachtrag:
		
		Buchbinder Johann Meyers, 1959 im Alter von 87 Jahren gestorben, ist an 
		der Kevelaerer Hauptstraße aufgewachsen, kannte die Verhältnisse gut und 
		übermittelte einen Spruch, der von fast allen damaligen Bewohnern der 
		Hauptstraße etwas zu sagen wusste und schließlich mit einem Kompliment 
		auf den Namen Stassen endet:
		
		Bej Janssen in den Kanonn,
		Bej Urselmann in de Tonn,
		Bej Mechels verkoope se guut,
		Bej Laussek in den Tuut,
		Bej Löw dor kö‘j guut koope,
		Schelle lät genn Häske loope,
		Verbeeck verköppt männig Dröpke,
		Bej Olbers hit et in et Schöppke,
		Bej Polders in dem bonten Oss,
		Van Treeck dän geft necks öm ‘ne Gross,
		Koch, dän es ne Fotograför,
		Loobedank met den lanke Höör,
		Segers es enne Musikant,
		Bej Muselaage in den Anker,
		Van Ackeren es enne ricken Heer,
		Van Gülick, denn hätt noch vööl meer,
		Gieben es änne guije Kääl,
		Bej Schülter verkoope se Buckendemääl,
		Pinders met sinne lanke Schnütt,
		Lökers lacht se all wat ütt,
		Bej Laussek verkoope se Zigaare,
		Bartel, denn mott de Stömpkes bewaare,
		Bej Meyers hebbe se vööl te schustere en te lappe,
		Grütters düüt geern enn Gläske vertappe,
		Ten Niersen in denn hellege Mann,
		Looschelders wett der necks van,
		Kemmerling, et alt Pastörke,
		Venk, denn sett werr op sinn Lörke,
		Bej Wackers backe se guut,
		Bej Bröx in den Hut,
		on STASSE meckt alles guut.