![]()  | 
			
			
			![]()  | 
			
			
			![]()  | 
			
			
			![]() ![]()  | 
		

	
 
  | 
		
Kolpingsohn in Kevelaer | * 1912 | † 2001
		![]()
		
Die 
		Kolpingfamilie Kevelaer, 1905 gegründet, prägt und beeinflusst das Leben 
		vieler Menschen, auch das von Jakob Tünnissen. Er erwirbt im September 
		1930 die Mitgliedschaft im katholischen Gesellenverein, wie sich die 
		Kolpingfamilie bis zum Nationalsozialismus nennt. „Damals wurde noch 
		längst nicht jeder aufgenommen. Zuerst musste man über sechs Monate 
		Pflichtabende absolvieren, in denen die Ziele Adolph Kolpings gelehrt 
		wurden. Erst nach einer kleinen Prüfung gehörte man dazu", erinnert sich 
		der 1985 pensionierte Handelsvertreter im Gespräch mit Miriam Etzold.
		
		Herr Tünnissen, haben Sie immer schon in Kevelaer gelebt?
		Nein, meine fünf Geschwister und ich wohnten mit unseren Eltern in 
		Kleve. Mein Vater, Gerhard Tünnissen, war ein gebürtiger Gocher und 
		gelernter Schuhmacher. Meine Mutter, eine geborene Look, kam aus Kleve. 
		Dort hatten wir ein großes Anwesen, aus dessen Pflege meine Leidenschaft 
		für die Gartentätigkeit erwuchs. Später in Kevelaer war ich lange Jahre 
		der Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins.
		
		Wie kamen Sie nach Kevelaer?
		Eigentlich war ich gelernter Maler. Während der Arbeitslosigkeit 1930/31 
		schickte mich der Arbeitsdienst des Gesellenvereins hierher. Wir sollten 
		die Niers begradigen: Nach heutigen Erkenntnissen war das falsch. Wir 
		waren in „Vorfelds Mühle“ untergebracht, diesem hohen Gebäude an der 
		Niers. Später gab man uns auf dem
		
		Domsamen-Gelände eine Unterkunft. 
 
		Wie ging es weiter?
		In dieser Zeit lernte ich meine spätere Frau Elisabeth kennen. Ihre 
		Familie, sie war eine geborene Pohlenz, besaß eine Bronzegießerei in 
		Kevelaer. Dort arbeitete ich. Aber 1933 fasste ich den Entschluss, auf 
		Wanderschaft zu gehen. Das war das Ziel der Gesellschaft - und „Gott 
		segnet das ehrbare Handwerk“ war mein Leitspruch. Mein Weg führte nach 
		München.
		
		Wie kamen Sie dorthin?
		Zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Mit dem Rad befuhr ich den Großglockner. 
		Das kann man sich heute nicht mehr vorstellen: Ich bekam für 50 Pfennige 
		eine große Portion Bratkartoffeln mit Spiegeleiern. Ich wohnte im 
		katholischen Gesellenhaus. Kardinal Faulhaber kannte ich gut, denn er 
		besuchte oft das Haus. 
		
		Durch Adolph Kolping hatten Sie also immer eine Anlaufstelle?
		Ja - und die Möglichkeit der Fortbildung. Ich absolvierte in München an 
		einer Abendschule kaufmännische Kurse, die nur die Gesellen besuchen 
		durften. Dort blieb ich bis 1936 und verbrachte dann zwei Jahre im 
		Oberammergau. Schließlich kehrte ich nach Kevelaer zurück und arbeitete 
		bei Pohlenz als kaufmännischer Angestellter in der Lohnbuchhaltung.
		
		Wann heirateten Sie Ihre Elisabeth?
		Am 7. Januar 1942 - unter Bombenhagel in Kleve. Wir waren kaum in der 
		Kirche, als die Sirenen heulten. 
		
		Wie erlebten Sie den Krieg?
		Ich war vier Jahre in Rußland. Ich hatte großes Glück. Wir befanden uns 
		bereits auf dem Rückzug und waren in Prag bei der Kapitulation. Im 
		Böhmerwald nahmen uns die Amerikaner gefangen, aber auf dem 
		Feldflughafen Marienbad gelang uns mit 21 Mann die Flucht. Wir stießen 
		auf ein Versorgungslager der Luftwaffe. Die lebten wie im 
		Schlaraffenland. Sie versorgten uns mit reichlich Proviant und 
		Fahrrädern. Ich erreichte meine Schwester in Augsburg, versteckte mich 
		bei ihr und kehrte Mitte 1945 nach Kevelaer zurück.
		
		Arbeiteten Sie wieder bei Pohlenz?
		Nein, der Betrieb war stillgelegt, denn die beiden Brüder meiner Frau 
		waren in Gefangenschaft. Ich bekam die Möglichkeit, eine Tätigkeit als 
		Handelsvertreter für Malereibedarf aufzunehmen. Als die Bronzegießerei 
		zwei Jahre später wieder florierte, vertrieb ich Bronzeartikel. Diesem 
		Beruf blieb ich bis zu meiner Pensionierung 1985 treu. 
		
		Gründeten Sie gemeinsam mit Ihrer Frau eine Familie?
		Ja, wir haben zwei Töchter. Gisela wurde 1942 geboren. Sie lebt heute in 
		Korbach bei Kassel. Und 1950 kam Waltraud, die in Rosenheim wohnt. 
		
		Wenn Sie zurückdenken, was bedeutete Kolping in Ihrem Leben?
		Ohne das Wirken von Adolph Kolping wäre mein Leben ein anderes gewesen. 
		In allen Städten, die ich besuchte, war er mein Vorbild. Als er im März 
		1960 exhumiert wurde, um auf die Seligsprechung vorbereitet zu werden, 
		hielt ich 24 Stunden lang die Ehrenwache. Damals habe ich mir 
		geschworen, dass ich in Rom dabei sein würde. Als die Seligsprechung am 
		27. Oktober 1991 endlich stattfand, hielt ich mein Gelübde und erfüllte 
		meinen Wunsch. Leider konnte meine Frau mich nicht begleiten; sie ist im 
		April 1988 gestorben. 
		
		
		
Jakob 
		Tünnissen (l.), der 2001 gestorben ist, und Gerd Vahnenbruck: 
		Sie halten Ehrenwache am Sarg von Adolph Kolping.
		
		Fanden Sie Halt in der Kolpingfamilie nach dem Tod Ihrer Frau?
		Ja. Inzwischen gehöre ich zu den Senioren und freue mich über unser 
		Jahresprogramm. Der Garten und das Reisen zählen zu meinen Hobbys, und 
		das Kolpingwerk verfügt allein in Deutschland über 18 
		Familienferienhäuser. Wenn die Abende länger werden, sortiere ich meine 
		unzähligen Dias. Ich langweile mich nicht. 
		
		Herr Tünnissen, Sie sind beinahe 88 Jahre alt und voller Tatendrang. 
		Was wünschen Sie sich für Ihre Zukunft?
		In erster Linie Gesundheit und vielleicht nochmal eine Partnerin. 
		![]()
		