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Bürgermeister in Kevelaer | * 1883 | †
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		Bernhard Widmann, in Wiesbaden geboren, hatte denkbar schlechte 
		Voraussetzungen, als er 1924 das Heft in der Kevelaerer Stadt- und 
		Amtsverwaltung übernahm. Die Zeit der großen Innovationen war vorüber. 
		Sein Vorvorgänger Gerhard Leeuw hatte Kevelaer 
		
		elektrifiziert und 
		kanalisiert und damit der Gemeinde einen würdigen Eintritt ins 20. 
		Jahrhundert verschafft. Sein direkter Vorgänger, der legendäre 
		Verwaltungschef 
		
		Mathias Marx, hatte die Gesellschaft geformt und ihre Identität 
		gefestigt, indem er ihr die bis heute lebendige Einrichtung der 
		Geselligen Vereine mit der Losung „Seid einig!“ schenkte. Für Bernhard 
		Widmann dagegen lieferte die Geschichte nur die Schattenseiten, die das 
		Scheitern des hochqualifizierten, unpolitischen Juristen 
		programmierten.  
		
		Nach verlorenem Weltkrieg, Besatzung und Weltwirtschaftskrise siechte 
		die Weimarer Republik dahin, und der Nationalsozialismus stand auf. 
		Widmann, in seiner Amtsführung untadelig, traf zwar in Reden wie nach 
		der Machtergreifung Hitlers auf dem Balkon des alten Rathauses den Nerv 
		der Zeit („Unsere heißesten Wünsche begleiten die Reichsregierung bei 
		ihrem schweren Werke, das der Einigung und dem Wiederaufstieg des 
		Deutschen Volkes zu neuer Blüte gilt.“). Aber mehr als solche offenbaren 
		Fensterreden, schwülstig verpackt, waren ihm nicht zu entlocken. 
 
		Der Beamte passte, da zu korrekt, zu vornehm, zu gebildet, nicht ins 
		Bild der strammen Parteigenossen in Kevelaer, die sich immer 
		beherrschender gebärdeten. Bereits eine Woche nach Widmanns „heißesten 
		Wünschen“ auf dem Rathaus-Balkon hoben die braunen Maulwürfe Fallgruben 
		aus und kramten nach „Material“ gegen den amtierenden Bürgermeister. 
		
		
		Sie schrieben ein Sammelsurium aus Gerüchten und Dorfklatsch nieder und 
		leiteten das Dossier der NSDAP-Gauleitung in Essen zu. Im April 1933 
		verlangte die Kevelaerer Nazi-Partei vom Landrat in Geldern, den 
		„unhaltbaren“ Widmann aus dem Amt zu entfernen. In der Ausgabe desselben 
		Tages (!) ließ die Partei im „Kevelaerer Volksblatt“ die Nachricht 
		publizieren, dass Widmann um seine Beurlaubung nachgesucht habe. Der 
		Landrat habe sie angenommen. Der Chef der NSDAP-Fraktion im Kevelaerer 
		Rat, Karl Dohr, sei zum kommissarischen Geschäftsführer der Amts- und 
		Gemeindevertretung ernannt worden. 
		
		Dann wurde in Ruhe an der nachträglichen Rechtfertigung von Widmanns 
		Beurlaubung gebastelt. Allerdings bestand der Bericht eines 
		Untersuchungsausschusses - Ende Mai lag er vor - aus solchen Faseleien 
		über die Amtsführung Widmanns, dass sogar der NSDAP rechtliche Bedenken 
		kamen. Unumstößlich war nur eine Tatsache, nämlich dass der 
		braun-majorisierte Gemeinderat eine weitere Zusammenarbeit mit Widmann 
		ablehnte.  
		
		Der Rat beschloss, den beurlaubten Verwaltungschef zwangsweise zu 
		pensionieren und ihm, ein glatter Rechtsverstoß, nur noch die Hälfte der 
		Bezüge zu überweisen, während die andere Hälfte auf ein Sperrkonto 
		fließen sollte. Erst nach der Sitzung, in der die Entscheidung gefallen 
		war, durfte sich der Beschuldigte äußern. Seine 20-seitige Entgegnung 
		interessierte nicht.
		
		Auch der Aufsicht führende Gelderner Landrat kungelte mit: Man 
		verständigte sich auf die Sprachregelung, Widmann sei zwar nichts 
		Konkretes vorzuwerfen, aber er habe halt sein Amt „nicht tatkräftig 
		genug“ geführt.  
		
		Der „Persil“-Schein für Widmann, den die Gemeinde Kevelaer im August 
		veröffentlichte, war in Wirklichkeit ein weiterer Tritt und an infamer 
		Verlogenheit nicht zu überbieten: „Es wird Herrn Widmann ausdrücklich 
		bestätigt, daß er als Bürgermeister ... sein Amt nicht dazu mißbraucht 
		hat, sich auf Kosten der Gemeinde zu bereichern.“  
		
		Davon war nie die Rede gewesen. So wurde zur eigenen Rechtfertigung den 
		Bürgern Sand in die Augen gestreut. 
		
		Der vakante Sessel des hauptamtlichen Bürgermeisters wurde am Ende 
		Dezember 1933 mit  
		
		Alfons Derichsweiler besetzt, der - er hatte sich als 
		einziger beworben - zuletzt Bürgermeister in Issum gewesen war. Der 1893 
		in Bonn geborene Derichsweiler, Akademiker wie sein Vorgänger, gehörte 
		keiner Partei an, passte aber als Kriegsfreiwilliger im Ersten Weltkrieg 
		und Mitglied des Deutschen Offiziersbundes und der SA ins Bild, das die 
		Nationalsozialisten zu Beginn ihrer Herrschaft von Leuten in 
		Führungsämtern hatten. 
		
		Ob sie mit Derichsweiler glücklicher als mit Widmann geworden wären, 
		muss unbeantwortet bleiben, denn Derichsweiler starb bereits im April 
		1934, kein halbes Jahr nach Amtsantritt, an den Folgen einer 
		Lungenentzündung. 
		
		Sein Nachfolger wurde Ende Juli 1934
		
		Aloys Eickelberg, der bis Kriegsende amtierte und das Amt und die 
		Gemeinde Kevelaer durch die dunkle Zeit führte. Eickelberg war, wie aus 
		einer schriftlichen Beurteilung des Kevelaerer Pastors Wilhelm Holtmann 
		aus dem Jahr 1947 indirekt zu entnehmen ist, vielleicht der beste unter 
		den schlechten Bürgermeistern für Kevelaer, den der Wallfahrtsort in 
		Zeiten der Nazi-Diktatur bekommen konnte und der das Geschick besaß, 
		sich trotzdem im Amt halten zu können.
		
		Die Spur von Bernhard Widmann verlor sich schon während der NS-Zeit. 
		Wann und wo er starb, wissen wir nicht.
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