Martin von 
		Tours, Heiliger
		►
		Vorbild für Nächstenliebe
		
		Der gebürtige Ungar Martin wächst in Norditalien auf, wo er 
		sich als Zwölfjähriger einer christlichen Gruppe anschließt und sich 
		sechs Jahre auf seine Taufe vorbereitet. Es ist das vierte Jahrhundert. 
		Die Legende berichtet, dass Martin mit 15 Jahren jene Begegnung hat, die 
		ihn in aller Welt bekannt machen wird: Er trifft einen frierenden 
		Bettler, mit dem er aus Mitleid seinen Mantel teilt und in dem er in 
		einer späteren Vision Christus erkennt. 
		
		
		Nach der Legende war Martin erst 15 Jahre alt, als er die Begegnung mit 
		dem Bettler hatte. Trotzdem wird der Heilige Martin in der Kunst als 
		reifer oder älterer Mann dargestellt. Das in Arbeit befindliche Gemälde 
		von Martin Willing (1,20 x 1,20 Meter, hier eine Skizze, Ausschnitt) gibt den 
		Augenblick wieder, in dem der junge Martin in dem Bettler 
		Christus erkennt.
		
		Der erwachsene Martin zieht sich in der Nähe von Genua zunächst in eine 
		Einsiedelei zurück und errichtet - das ist bereits im Jahr 361 - in der 
		Nähe von Poitiers das erste Kloster Galliens, 375 auch das Kloster 
		Marmoutier bei Tours, wo Martin seit 371 als Bischof wirkt.
		
		Als Vorbild eines frommen, mildherzigen Mannes wird Martin von Tours 
		seit über 1600 Jahren verehrt, dessen kirchlicher Feiertag der 11. 
		November ist. Obgleich 
Martini als Festtag beispielsweise zu 
		Zeiten des 
Hendrik Busmann 
		und der Entstehung der Kevelaer-Wallfahrt geläufig war, kamen erst sehr 
		viel später die heute so bekannten Martinszüge auf. Mit Gründung eines 
		Martinskomitees im Jahr 1921 hat das auf den Hl. Martin bezogene 
		Brauchtum relativ früh in Kevelaer Einzug gehalten, denn erst Ende des 
		19. Jahrhunderts hatten sich im Rheinland St.-Martinszüge zu entwickeln 
		begonnen.
		
		Andernorts waren Fackeln und Fackelzüge zu Martini bereits im 
		ausgehenden Mittelalter bekannt. Die berühmte Martinsgans, schon im 12. 
		Jahrhundert ein Begriff, hat weniger etwas mit dem Heiligen als vielmehr 
		mit der Jahreszeit zu tun: Mitte November sind die auf Freiland 
		gemästeten Gänse in der Regel schlachtreif.
		
		Der Heilige Martin ist im Bewusstsein vieler Menschen als Sinnbild des 
		Teilens lebendig. Für ihn wurde das Jesus-Versprechen, "Was ihr getan 
		habt einem unter diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir 
		getan" (Matthäus 10,42), sogar sichtbar: Er erkannte in einer Vision 
		Christus in dem Bettler, dem er seinen halben Mantel gegeben hatte.
		
		Als Kulturschock wirkte im Oktober und November 2013 auf viele Menschen 
		die Forderung einer politischen Partei, das Martinsfest von der 
		katholischen Legende zu befreien. Das Volksfest solle künftig als 
		"Sonne-Mond-und-Sterne-Fest" gefeiert werden - ohne den religiösen und 
		zudem katholischen Hintergrund.
		
		Mit diesem Vorstoß befasste sich in der 
Süddeutschen Zeitung 
		(11.11.2013) Albert Biesinger, Professor für Religionspädagogik in 
		Tübingen. "Der Fall ist leider kein Einzelfall in Deutschland. Immer 
		wieder machen Politiker und Funktionäre Schlagzeilen, weil sie aus 
		vermeintlicher Rücksichtnahme auf andere Kulturen christliche Bräuche 
		abschaffen wollen." Die Wirklichkeit sehe anders aus. "In vielen 
		Kindergärten stehen Muslime mit Laternen freiwillig Spalier, wenn Sankt 
		Martin hoch zu Ross kommt, und freuen sich darüber, dass mit dem Teilen 
		eine Idee gefeiert wird, die auch in den fünf Säulen des Islam verankert 
		ist." Es wäre eine Entmündigung von Muslimen und somit diskriminierend, 
		wenn man meinte, ihnen keinen christlichen Brauch zumuten zu können. "So 
		wie Sankt Martin den Mantel geteilt hat, so soll auch die Dimension des 
		Teilens geteilt werden - unter allen Kindern, egal ob sie christlich, 
		muslimisch oder religionslos erzogen sind."
		
		
		Die beiden Fotos zeigen ein 
		kleines Relief, das in eine Begrenzungsmauer des großen Vorplatzes vor 
		der Marienbasilika in Lourdes eingelassen ist. Dargestellt ist der 
		Heilige Martin bei der Mantelteilung und der frierende Bettler. Zwischen 
		beiden Fotos liegen 18 Jahre. Man erkennt die inzwischen eingetretene 
		Korrosion. Fotos: Martin Willing
		
		
		Martinskomitee Kevelaer und seine Geschichte
		